von Leonie Keinert
Pinkgefärbte Flüsse an den Produktionsstellen von Textilien sind Symbolbilder von „giftiger“ Kleidung geworden. Doch oft sind das Problem und die Gefahr, die damit einhergehen, gar nicht so sichtbar. 2011 entschloss sich Greenpeace, das allgemeine Bewusstsein für den Einsatz von gefährlichen Chemikalien zu ändern und nachhaltige Veränderungen anzustoßen. Somit war die Detox My Fashion-Kampagne geboren. Doch worum geht es in dieser Kampagne genau und wie sieht die Bilanz nach neun Jahren aus?
Der Hintergrund der Greenpeace-Detox-Kampagne
2011 wies Greenpeace im Abwasser von chinesischen Fabriken Nonylphenolethoxylate (NPE) nach. Obwohl NPE in der Produktion von Kleidung in der EU schon verboten ist, käme es durch Waschzyklen von importierten Kleidungsstücken trotzdem auch in Europa ins Abwasser.
„Sie gelangen als Nonylphenol in den Wasserkreislauf und reichern sich in der Nahrungskette an. Nonylphenol ist eine hormonell wirksame und für Wasserlebewesen giftige Chemikalie, die auch in sehr niedrigen Konzentrationen schädlich ist“
schreibt Greenpeace. NPE gerate somit auch in heimische Gewässer und letztendlich in den menschlichen Organismus. Allerdings ist NPE nicht das einzige Problem. Greenpeace definierte elf Chemikaliengruppen, „die Umwelt und Bevölkerung vor allem in den Herstellungsländern schleichend vergiften“.
Besonders die Outdoorindustrie, die sich sonst so naturverbunden darstellt, sei der Verwendung von bedenklichen Chemikalien schuldig. Um ihre Klamotten, Schuhe und Zelte wasser- und schmutzabweisend zu machen, setzen sie die „besonders langlebigen und gesundheitsschädlichen poly- und perfluorierten Chemikalien (PFC)“ ein. Durch das Waschen und Tragen dieser Kleidung würden PFC auch in die Umwelt wandern. In Untersuchungen wies Greenpeace diese Chemikalien unter anderem in Bergseen, in der Leber von Eisbären, aber auch in der Raumluft von Outdoorgeschäften nach. PFC galt lange in der Outdoorbranche als unverzichtbar, doch Bemühungen und Innovationen der letzten Jahre bewiesen das Gegenteil.
2011 startete Greenpeace ihre Detox-Kampagne mit dem Ziel, Unternehmen von gefährlichen Chemikalien zu entgiften. Die Unternehmen hatten die Möglichkeit, sich einem Detox-Commitment anzunehmen und bis 2020 keine umwelt- und gesundheitsschädlichen Stoffe mehr bei der Produktion ihrer Klamotten einzusetzen. 80 Firmen, darunter unter anderem Puma, H&M, Aldi und Vaude gingen damals das Detox-Commitment ein und versprachen somit Großes.
Wie sieht es 2020 aus?
Nun ist es bereits 2020 und manch einer könnte sich nun fragen, ob denn die versprochenen Ziele eingehalten wurden. So leicht lässt sich dies allerdings nicht herausfinden. Auf diversen Seiten von Greenpeace lässt sich leider kein Abschlussbericht oder Ähnliches finden. Der letzte Bericht zur Zwischenbilanz erschien nach sieben Jahren Detox-Kampagne im Jahr 2018. In dem Bericht, betitelt Destination Zero, nannte Greenpeace einige Fortschritte ihrer Kampagne. So wurde in der EU 2016 ein Verbot von importierter Kleidung mit Nonylphenolethoxylate (NPE) auf den Weg gebracht, welches im Februar 2021 in Kraft treten soll. Ein Zusammenschluss von Textilherstellern im italienischen Prato, dem größten Textilstandort in Europa, hat sich dazu verpflichtet, keine schädlichen Chemikalien mehr zu verwenden. Wichtige Abnehmer dieser Hersteller sind unter anderem Prada, Valentino und Burberry.
Außerdem erwähnte Greenpeace, dass die Organisation von 2013 bis 2017 Überprüfungen von Firmen durchführte – die Links zu den zugehörigen Berichten führen jedoch heute nur noch ins Leere.
Allerdings versprach Greenpeace in Destination Zero, dass viele Firmen große Fortschritte erzielen würden. Greenpeace befragte die Unternehmen zu ihren eigenen Fortschritten in der Detox-Kampagne. Doch neuere und vor allem zuverlässigere Informationen scheint es nicht zu geben. Weder Greenpeace noch die meisten Unternehmen selbst scheinen seit 2018 neue Berichte zu der Kampagne und deren Zielen veröffentlicht zu haben. Lediglich G-Star Raw, Tchibo und Vaude legen aktuellere Informationen vor – G-Star Raw und Tchibo in Form von kürzlich veröffentlichten Jahresberichten von 2019.
Vor einigen Jahren sah das noch anders aus. Viele Unternehmen rühmten sich mit ihrer Unterschrift unter der Detox-Kampagne und versprachen die totale Beseitigung von umwelt- und gesundheitsschädlichen Chemikalien aus ihrer Textilproduktion bis 2020. Nun hört man leider wenig von tatsächlichen Erfolgen. Das liegt wohl kaum an mangelnder Transparenz, da sich Unternehmen sonst gerne mit nachhaltigen Strategien schmücken. Eher erzeugt es den Eindruck, dass mit schwindendem Druck und Überprüfung von Greenpeace die Unternehmen nicht dazu animiert werden, weiter Fortschritte zu machen und diese transparent zu dokumentieren. Egal was der Grund sein mag – so hatte man sich das vor neun Jahren sicherlich nicht vorgestellt.