Fair Fashion Label „Polon“ made in Tübingen

Die Gründer (Von links nach rechts:) Clemens, Felix und Justus

 

Geführt von Misuk Choi und Marie-Kristin Rinas mit „Polon“

Wie entstand die Idee, ein Label für faire Mode zu gründen?

Die Idee entstand im Sommer 2020. Wir saßen zusammen und überlegten uns, wie wir die Monate nach unserem Abitur gestalten möchten. Dass wir über kurz oder lang eine Reise in die Ukraine machen, stand dabei schon fest. Durch verschiedene Schüleraustausche war ein enger Kontakt zu den dort lebenden Schülern entstanden. Unter ihnen auch Nikita, der mit großer Leidenschaft Motive entwirft und diese anschließend auf T-Shirts und Pullover malt. Schon bei unseren Besuchen in der Ukraine unterstützten wir ihn beispielsweise beim Bewerben dieser Produkte. Nun, da wir uns überlegten, wie wir unsere dreimonatige Reise finanzieren können, kamen wir auf die Idee, die Zusammenarbeit mit Nikita zu vertiefen. In den darauffolgenden Monaten entstand so allmählich der Online-Shop Polon Store. Von Anfang an war klar, dass wir die Produkte nachhaltig produzieren wollen. Dies gehörte schon immer zu Nikitas Prinzipien, der ursprünglich nur Second-Hand-Klamotten bemalte.

Niki

Nikita

Welche Kriterien sind euch als Modelabel bei der Herstellung fairer Mode wichtig?

Wir denken, hier geht es um drei wichtige Aspekte. Einmal wäre da die ökologische Nachhaltigkeit. Hier muss sichergestellt werden, dass der Fußabdruck, den das Kleidungsstück auf dieser Welt hinterlässt, so klein wie möglich ist. Das geht los von der Produktion der der Baumwolle über das Färben der Shirts bis hin zum finalen Druck. Wir bedienen uns auf allen Schritten Bio-Qualität. Bio-Baumwolle, modernste Filteranlagen, um Abwasser nach dem Färbeprozess zu reinigen, und Öko Tex-zertifizierte Druckfarben. Außerdem ist eine soziale Nachhaltigkeit von großer Bedeutung. Wenn der Umwelt nicht geschadet wird, aber dafür Menschen Tränen und Blut in die T-Shirts vergießen, ist nun wirklich niemandem geholfen. Stanley&Stella, deren T-Shirts wir verwenden, legt hier großes Augenmerk drauf. Deren Bemühungen werden regelmäßig durch die Fair Wear Foundation kontrolliert. Hier vielleicht zwei Beispiele, die zeigen, welchen positiven Einfluss Stanley&Stella auf die Menschen in ihrer Lieferkette ausübt. So bezieht Stanley&Stella ihre Bio-Baumwolle ausschließlich von indischen Kleinbauern. So werden dort Existenzen gesichert! Ein weiteres Projekt sind subventionierte Lebensmittelläden in den Fabriken in Bangladesch. Hier werden Grundnahrungsmittel zum halben Preis angeboten, um sicherzustellen, dass der Lohn der Arbeiter für den täglichen Bedarf reicht. Und zu guter Letzt spielen sowohl Qualität als auch Style eine wichtige Rolle bei fairer Mode. Genauso wie Gemüsechips und Tofuwürstchen nichts für jedermann sind, muss auch die nachhaltige Mode “normal” aussehen, damit sie mehrheitsfähig ist. Stanley&Stella wartet hier mit hoher Qualität und guten Schnitten auf.

Shirts von Polon

Würdet ihr sagen, dass besonders an Waldorfschulen die Kreativität durch den Schwerpunkt auf künstlerisch-handwerkliche Fächer von SchülerInnen gefördert wird? Ihr habt vermutlich in der Schule Weben gelernt. Inwiefern hat das euer Interesse an Mode geweckt?

Wir meinen, es ist gerechtfertigt zu sagen, dass die vielen handwerklichen Aktivitäten kreativem Denken und Handeln einen optimaleren Raum zur Entwicklung bieten. Auch eine Wertschätzung für Handwerkliches findet sich in unseren Freundeskreisen, aber auch in denen unserer Geschwister wieder. So wollen nicht wenige vor einem Studium zuerst eine handwerkliche Lehre machen bzw. sich in irgendeine Weise handwerklich betätigen.

 

Wie geht es nach eurem Abitur mit Polon weiter? Welche Ziele wollt ihr noch mit Polon erreichen?

Genau wissen wir das noch nicht, wir hätten allerdings ein paar Ideen. Zum einen gab es die Überlegung, Polon als Plattform für freie, ausgewählte Künstler umzufunktionieren. Das hieße, wir lassen uns von Anwärtern Designs zuschicken, die wir, so diese uns zusagen, für einen geregelten Anteil auf Kleidung drucken lassen und vermarkten. Im gleichen Zuge haben wir überlegt, mit besonders aufwendigen, herausstechenden Designs exklusive Kleinserien zu starten.

Was war bis jetzt eure größte Herausforderung mit Polon?

Die größte Herausforderung galt es beim Schaffen des rechtlichen Rahmens zu bewältigen. Ein Unternehmen zu gründen, birgt viele bürokratische Hürden. Zum Glück war es aber möglich, sich mithilfe langer Telefonate mit den verschiedensten Sachbearbeitern einen guten Überblick von den Grundlagen einer Unternehmensgründung zu verschaffen.

Das nachhaltigste T-Shirt ist das, was getragen wird. Betrachtet ihr Neuproduktion auch kritisch? Wie ist die Nachfrage nach euren T-Shirts? Könnt ihr T-Shirts auch in Tübinger Läden verkaufen?

Wir sind uns dieser Problematik bewusst. Perspektivisch würden wir uns wünschen, dass unsere Motive auch auf Second-Hand-Textilien gedruckt werden. Das ist logistisch und technisch aber gar nicht so einfach, weshalb die Umsetzung eher mittelfristig angepeilt wird. Auf dem Schirm haben wir das Thema aber auf jeden Fall! Es hat sich noch nicht ergeben, unsere Klamotten in Läden zu verkaufen. Bisher haben wir uns hauptsächlich auf unseren Online-Shop fokussiert. Für Kooperationen sind wir aber offen.

Foto aus dem Online-Shop von Polon

Kennt ihr eure Lieferkette?

Leider hatten wir noch nicht die Möglichkeit, unsere Lieferketten direkt vor Ort zu begutachten. Wir müssen uns also auf die Angaben von Stanley&Stella verlassen. Da diese aber von der Fair Wear Foundation überwacht und kontrolliert wird, halten wir die Angaben für sehr zuverlässig. Die Lieferkette startet bei kleinen Bio-Bauern in Indien. Von dort wird die Baumwolle nach Bangladesch transportiert, wo sie in zertifizierten Fabriken gesponnen, gefärbt und verwebt wird. Auch das Nähen der Klamotten findet dort statt. Die fertigen T-Shirts gehen von dort nach Amsterdam, von wo aus sie in ganz Europa verteilt werden. Zum Schluss geht es zur Druckerei nach Köln und von dort zum Kunden.

Vielen Dank für das Interview mit euch! 🙂

Den Online-Shop von Polon findet ihr hier: https://polon.store/

Instagram: https://www.instagram.com/polon.store/