Filmrezension zur Dokumentation: “Mode.Macht.Menschen”

Das Bild zeigt den Teaser der Dokumentation „The Conscience of Clothing – Mode.Macht.Menschen“ Quelle: Youtube (https://www.youtube.com/watch?v=uhi0t07rgWs&list=PLvnBzZOjEg-FKofiyFZJXdUqYHxAbL4GA&index=3)

Von unserer Redakteurin Anna-Lena

Von Näher:innen und Taxifahrer:innen, über Gewerkschafter:innen bis hin zu fairen Fabriken – die Dokumentation „The Conscience of Clothing – Mode.Macht.Menschen“ lässt in neun Episoden Personen zu Wort kommen, die direkt von der Textil- & Bekleidungsindustrie betroffen sind.

Der Drehort ist Kambodscha, einem Land, das weltweit einer der schnellsten Wirtschaftswachstume verzeichnet und dennoch zu einem der ärmsten Ländern zählt. Dort arbeiten knapp ein Fünftel der Bevölkerung, also Dreimillionen Menschen und überwiegend Frauen, für die Industrie weltweit: meist zu prekären Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen, die ein Existenzminimum zu Tage bringen.

„The Conscience of Clothing – Mode.Macht.Menschen“, eine Dokumentation von Patrick Kohl aus dem Jahr 2019, unterstützt von der Rosa-Luxemburg Stiftung (Link: https://www.rosalux.de/stiftung/mehr-ueber-uns), weist auf die Auswirkungen der Modeindustrie hin, die durch den schallenden Glanz von Werbung, Social Media oder dem Überangebot in Läden doch schnell in den Hintergrund geraten. Dabei stehen primär die Menschen im Vordergrund, nur nebensächlich wird das Leiden der Umwelt angesprochen, wie verseuchtes Wasser durch Chemikalien oder dem Entzug von wertvollen Rohstoffen.

 Um was geht es in der Dokumentation „The Conscience of Clothing – Mode.Macht.Menschen“?

Gemeinsam mit dem Filmemacher fliegen Influencer Willy Iffland (248 Tsd. Abonnenten auf Instagram) und Journalistin Helen Fares nach Kambodscha, um sich selbst ein Bild von der Situation zu machen.

Um auch die Zuschauer:innen abzuholen, werden in den ersten knapp zehn Minuten das Land und die Protagonist:innen vorgestellt.

Es folgen Einblicke in das Leben einer Frau, die ihren Arm bei einem Verkehrsunfall verloren hat. Bei der Arbeit in einer Garnfabrik verdient sie im Monat 45 Dollar. Was viele nicht wissen: Die größte Todesursache in Kambodscha ist der Verkehr. 2-3 Dollar im Monat mehr sind entscheidend, ob der Weg zur Arbeit sicher ist. Als sicher gilt die Fahrt mit einem Truck Driver, welcher 40 Personen in einem Hyundai transportiert. Sicher ist die Fahrt dennoch nicht, da viele sich nicht an Verkehrsregeln halten und die Straßenzustände nicht die besten sind. Die Fahrt im Truck kostet 8 Dollar im Monat.

Das Bild zeigt den Arbeitsschluss von tausenden Arbeiter:innen, die sich auf den Heimweg machen. Quelle: YouTube (https://www.youtube.com/watch?v=uhi0t07rgWs&list=PLvnBzZOjEg-FKofiyFZJXdUqYHxAbL4GA&index=3)

 

 

 

 

 

 

Weiterhin kommt die selbstständige Geschäftsfrau zu Wort, die ihr eigenes Modelabel eröffnet hat, um ihre Mitarbeiter:innen menschlich zu behandeln. Um kurze Ausmaße der unmenschlichen Arbeitsbedingungen anzusprechen: Für den Gang zur Toilette gibt es drei Karten, Hunderte müssen warten, wer krank ist, muss arbeiten, sonst gibt es kein Geld. Die Gründerin sagte in dieser Folge: „Man kann die Ansprüche der Fast-Fashion Industrie nicht zu dem Preis bedienen, den die Welt inzwischen erwartet und gleichzeitig eine Umgebung schaffen, in der Menschen mehr wertgeschätzt werden als Maschinen. Es ist finanziell nicht möglich.“ Social Media, Influencer und die Macht der großen Marken schaffen ein Bild, dass Mode ständig neu und immer noch billiger sein muss. Es ist schwer aus diesem Kreislauf auszusteigen.

Eine weitere Episode thematisiert eine Fabrik in Kambodscha mit europäischen Standards. Hier gibt es Sicherheitsvorkehrungen, Fenster, günstiges Essen und Kinderbetreuung. Doch die Bezahlung ist weiterhin schlecht.

Das Bild zeigt Näher:innen, die Bekleidung in einer hellen Fabrik herstellen. Quelle: YouTube (https://www.youtube.com/watch?v=ctJKM5QtNwc&list=PLvnBzZOjEg-FKofiyFZJXdUqYHxAbL4GA&index=6)

 

 

 

 

 

 

Um ein kleines Ausmaß der Umweltverschmutzung einer einzelnen Fabrik zu verdeutlichen: Pro Jahr könnte das verwendete Plastik eine Strecke von Amsterdam nach Venedig abdecken, was circa 1.334 km sind.

Mit 50 Dollar im Monat mehr können ganze Leben verändert werden. Dies zeigt das Treffen mit einer Frau, die ihre ganze Familie versorgt, früh als Kind zum Arbeiten weggeschickt wurde und dennoch in Armut lebt. Diese 50 Dollar können ihres, und das Leben von vielen anderen, ein wenig erleichtern.

Der Besuch einer Radioshow macht deutlich, dass neben der Modeindustrie auch die politische Lage in Kambodscha angespannt ist. Rechtsstaatlichkeit wird nicht großgeschrieben, Themen zensiert. Lediglich Liveshows, welche online ausgestrahlt werden, können diese Hürden umgehen.

Die letzte Episode zeigt das Resümee von Willy Iffland und Helen Fares. Dabei wird ein Ziel in das Leben gerufen: Mindestens sollen 200 reichweitenstarke Persönlichkeiten erreicht werden, die einen Code of Ethic bzw. Code of Conduct bis 31.12.2021 unterschreiben, um mit der Zusammenarbeit mit großen Firmen / Marken für gerechte und gesetzlich verankerte Sorgfaltspflichten einzusetzen. Spannend bleibt, ob das Ziel erreicht wird.

Kann ich beim Kauf meines günstigen T-Shirts damit leben und dies Auswirkungen auf andere Leben hat? Das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Mein Fazit zur Dokumentation:

„The Conscience of Clothing – Mode.Macht.Menschen“ ist in jedem Fall eine Dokumentation, die sehenswert ist. Die ansprechende Gestaltung, die im Vorspann ein wenig an ein Modevideo erinnert, ist gut geschnitten, kurzweilig und holt die Zuschauer*innen ab. Gänsehautmomente sind vorhanden.

Diese 90 Minuten, aufgeteilt in acht Episoden, schaffen es, zum Nachdenken anzuregen. Durch zehn- bis fünfzehnminütige Abschnitte kann man sich das Schauen der gut einteilen und die Informationen bleiben im Gedächtnis. Auch die Dokumentation auf YouTube bereitzustellen, ist sicherlich ein kluger Schachzug, da die Plattform eine große Suchmaschine ist. Ich persönlich kannte beide Protagonist:innen nicht, doch während des Schauens wurden beide sympathisch dargestellt. Die Emotionen von Willy und Helen wirkten nicht gestellt. Auch das eigene Hinterfragen des Konsums wurde ehrlich ausgesprochen. Tatsächlich finde ich es gut, dass Influencer nach Kambodscha geschickt wurden, da in der heutigen Gesellschaft reichweitenstarke Persönlichkeiten eine große Rolle im Konsum und auch in der Modebranche spielen. Wenn die Ansichten dieser Personen ein wenig verändert werden könnten, könnte sich das auf den Follower übertragen.

Die Erwartungshaltung beim Schauen sollte jedoch nicht sein, dass man danach gänzlich aufgeklärt wird, sondern durch verschiedene Perspektiven von Betroffenen zum Nachdenken angeregt wird und den Konsum überdenken sollte. Sicherlich ist es ein Gewinn, wenn man danach sich mehr mit dem Thema Modeindustrie, Herstellung der Kleidung und den Menschenrechten außerhalb von Deutschland, auseinandersetzt.

Negativ ist mir aufgefallen, dass leider nur Personen gezeigt wurden, die das Leben in Kambodscha ändern wollen bzw. stark von den Ausmaßen betroffen sind. Die Verantwortlichen aus großen Fabriken wollten keine Stellung beziehen.

Ich persönlich kann diese Reihe wärmstens weiterempfehlen. Gerade auch, wenn ein Interesse an Mode vorhanden ist, sollten diese 90 Minuten Zeit investiert werden. Der Mehrwert daraus verändert nicht nur dein Verhalten, sondern verbessert möglicherweise auch das Leben des ein oder anderen in Kambodscha.

Mache Dir am besten selbst ein Bild und teile Deine Erfahrungen mit uns. Du findest die Doku und weitere Infos zur Rosa Luxemburg Stiftung hier:

https://www.youtube.com/playlist?list=PLvnBzZOjEg-FKofiyFZJXdUqYHxAbL4GA

https://www.rosalux.de/modemachtmenschen

https://www.instagram.com/mode.macht.menschen._official/