Der Mengener Secondhandshop „Kunterbunt“ – für jede/n ein toller Fund

Von Madleen Haberstroh

Mengen – neben dem Rathaus an der Ecke zur Hauptstraße findet sich ein etwas „anderes“ Geschäft wieder. In der Mittagssonne sehe ich einige Kleidungsstücke vor einem bunt dekorierten Schaufenster hängen. Wirft man einen Blick durch das Fenster, sieht man Puppenköpfe mit schicken Masken vor dem Mund ausgestellt, einige Bilder, Spielsachen und natürlich Second-Hand-Kleidung. Beim Hineinspazieren in das Kuriositätenkabinett überschwemmt mich eine Woge von heimeligen Gefühlen. An einem Ständer hängen Ledertaschen, an einem anderen lässige Oversized-Jacken und an der Kasse steht ein Kästchen mit glitzerndem Schmuck. Das hier ist eindeutig ein Ort für jedes Stöberherz. Liebevoll genähte Einzelstücke präsentieren sich in Reih und Glied. Als ich mit der Ladenbesitzerin in Kontakt trete, erzählt sie mir, sie habe sich ihr Hobby zum Beruf gemacht. Am 12.05.2012, also vor acht Jahren, gründete Frau Wild den Second-Hand Kunterbunt. „Es war schon immer eine Leidenschaft von mir zu nähen und zu stricken“ – mit Handarbeit und alten Dingen zu handeln oder Änderungen vorzunehmen erfülle sie einfach, berichtet die Fashion-Liebhaberin. So kunterbunt wie der Name ist nicht nur das Innenleben des Ladens, sondern auch seine Kundschaft. Denn von Schüler*innen über Damen mittleren Alters bis hin zu Männern findet sich hier jedes Geschlecht und jede Altersklasse wieder. „Mich hat der hohe Besucheranteil an Männern wirklich überrascht, damit hätte ich nicht gerechnet“, erzählt Frau Wild. Die meisten Sachen bezieht sie auf Kommission oder von Leuten, welche Kleidung oder Gegenstände bei ihr abgeben.

„Auf dem Land ist es leider nicht so einfach, wie in der Stadt mit so einem Laden – die Leute sollten sich mehr trauen.“

Frau Wild möchte die Menschen zum Umdenken anregen. „Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Viele Kleider werden gekauft und nur einmal oder teilweise gar nicht getragen, weil man sich wieder neue Teile gekauft hat, es ist wirklich zu schade darum.“
Sie spricht den Aspekt an, den viele Fair Fashion-Aktivist*innen in den Fokus der Gesellschaft rücken möchten: nachhaltige Mode. Mit selbstgenähten oder wiedererworbenen Stücken wirken wir der schnellen Fashionindustrie entgegen und leisten einen bedeutenden Teil zu einer nachhaltigen Lebensweise und einem gesunden Konsumverhalten. Günstige Preise verleiten zum übermäßigen Erwerb von Ware von Großkonzernen. Diese wird im Nachhinein meistens nur wenige Male getragen, bevor sie wieder entsorgt wird. Kleider machen Leute, doch was ist mit den Leuten, die die Kleider machen? Je mehr Nachfrage nach billigen, kurzlebigen Trends, desto mehr wird unter unfairen Arbeitsbedingungen produziert und über lange Strecken mit einem hohen CO2-Ausstoß transportiert. Lang oder wiedergetragene, haltbare Kleidung hingegen führt zu weniger Neukauf der unter Druck hergestellten Textilien. Das Thema polarisiert und schafft ein Netzwerk aus vielen Fair Fashion-Aktivist*innen: Immer mehr Menschen verstehen den guten Zweck und die Notwendigkeit hinter diesem bedachten Handeln. Als Bestseller in ihrem Laden entpuppten sich laut Frau Wild neben modischen Oberteilen und Haushaltswaren auch Herrenmode und Spielsachen. „Kinder werden so schnell groß und es wäre wirklich zu schade, die Spielsachen dann in den Müll zu werfen. Ein anderes Kind hat bestimmt große Freude daran.“ Frau Wild erklärt uns dennoch, dass sich viele Menschen nicht trauen, bereits getragene Kleidung zu kaufen und anzuziehen. Gegen solche Aussagen ist sie gewappnet und gibt Parole mit stichhaltigen Argumenten, denn:

„Auf Kleidung steht nirgends drauf, dass sie schon getragen ist, und bei gut gepflegten oder kaum getragenen Sachen sieht man es der Ware sowieso nicht an.“

Wer also das nächste Mal in Mengen und Umgebung unterwegs sein sollte und auf den charmanten Second-Hand-Shop trifft, der sei dazu angehalten, sich einen Moment Zeit zu nehmen, um hineinzugehen und sich überraschen zu lassen, was für Schätze sich in der ein oder anderen Ecke verbergen.

Fotos: Madleen Haberstroh