Einsatz von Hanf in der Textilindustrie

von Alena Waiz

Die meisten Kleidungsstücke werden aus Polyester, Baumwolle, Elasthan, Viskose oder anderen Materialien hergestellt. Dabei sind der Anbau und die Verarbeitung der Stoffe selten umweltfreundlich. Ein Stoff, welcher in Deutschland noch nicht sein volles Potenzial ausgeschöpft hat, ist der Nutzhanf. Oft wird der Begriff „Hanf“ mit Drogen assoziiert, da die Substanz THC (Tetrahydrocannabinol) eine berauschende Wirkung hat. Dabei sollte Nutzhanf, welcher wenig THC enthält, von den THC-reichhaltigen Pflanzen unterschieden werden. Viele wissen jedoch nicht, dass die Pflanze auch zur Textilindustrie eingesetzt werden kann: Je weniger THC die Pflanze enthält, desto mehr Fasern bietet sie zur Weiterverarbeitung. Seit 1996 ist es in Deutschland erlaubt, unter strengen Bedingungen und Kontrollen des THC-Gehalts, Nutzhanf anzubauen. In meiner Recherche zur Nutzung von Hanf habe ich viele Gründe gefunden, warum die Nutzhanffasern unbedingt zur Herstellung von Kleidung herangezogen werden sollten.

Vorteile des Nutzhanfs

Der Anbau von Nutzhanf ist im Vergleich zum Baumwollanbau deutlich umweltfreundlicher: Baumwolle wird zum Großteil in Asien oder Afrika angebaut und muss entsprechend weite Transportstrecken zurücklegen. Die Baumwollpflanze benötigt außerdem um ein Vielfaches mehr Wasser. Ein weiterer Vorteil ist, dass auf gleicher Fläche drei Mal mehr Fasern durch den Nutzhanf gewonnen werden, als durch Baumwollpflanzen. Nutzhanf wächst sehr schnell (in 4 Monaten ca. 4 Meter hoch) und benötigt kaum Pflege: Die Pflanze muss nicht bewässert werden, da die Wurzeln bis zu 1,5 Meter tief in die Erde reichen. Außerdem muss man sie nicht düngen, da sich Nutzhanf selbst vor Ungeziefer schützt und keine Pestizide benötigt. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass Nutzhanf zur Verbesserung der Bodenqualität beiträgt, da die Pflanze Schwermetalle aus dem Boden zieht, welche der Pflanze nicht schaden.

Wachstum und Ernte

Pflanzen wachsen in langen Stängeln dicht beieinander. Der Strunk setzt sich zusammen aus einem Holzkern und einer Außenverkleidung, aus denen die Fasern gewonnen werden. Blätter und Samen können beispielsweise vollständig in Viehfutter oder ätherische Ölen verarbeitet werden, sodass kein Abfallprodukt entsteht.

Bei der Ernte wird in Maschinen- und Handverarbeitung unterschieden. Bei einer ertragreichen Ernte durch Handarbeit wird versucht, dass die Stängel möglichst die volle Länge behalten. Dadurch werden die Fasern am wenigsten beschädigt. Die geernteten Stängel bleiben einige Tage auf dem Feld liegen, bis sie vollständig getrocknet sind. Durch das Trocken wird das enthaltene Pektin zersetzt, welches die Fasern zusammenhält. Das erleichtert die Faserentfernung. Nachdem die Pflanzen getrocknet sind, wird der Holzkern entfernt. Jetzt sind die Fasern bereit zur Weiterverarbeitung zu Garn und im darauffolgenden Schritt zu festen Stoffen, Seilen oder Papier.

Durch den Einsatz von Maschinen werden die langen Stängel oft zerhäckselt und beschädigt. Wenn die Stücke zu kurz sind, können die Fasern in Pellets verarbeitet werden, die sich in der Kunststoffproduktion einsetzen lassen. Andernfalls wird analog zur Handarbeit der Holzkern entfernt und auf möglichst gleiche Länge gebracht. Dadurch entsteht eine Art Hanfstroh, das zu Ballen gepresst wird. Das Hanfstroh kann in einem Dampfdrucktopf unter hohen Temperaturen erhitzt werden. Mit dem Abkochen verbinden sich die Fasern, was die Weiterverarbeitung erleichtert. Alternativ können die Hanffasern auch mit Baumwollfasern gemischt werden. Nachdem die Stoffe gesponnen sind, können sie  wie konventionelle Stoffe gefärbt oder gebleicht werden.

In Deutschland gibt es bislang kaum Maschinen zur Textilverarbeitung von Hanf, da viele Unternehmer die Investition in Nutzhanf aufgrund der aktuellen Gesetzeslage für zu riskant halten. In China sieht das aber ganz anders aus: Dort werden bereits seit vielen Jahren große Mengen an Nutzhanf angebaut und zu Textilien weiterverarbeitet.

Produkte, die aus Nutzhanf hergestellt werden

Hanffasern lassen sich in vielfältiger Weise verarbeiten. Filzähnlicher Hanfvlies ist bereits ein Standardprodukt in der deutschen Automobilindustrie und wird auch als Dämmstoff im Bauwesen genutzt. Man findet bereits in einigen Bekleidungsgeschäften (vor allem im Bereich Fair Fashion) Kleidungsstücke, die aus Hanf hergestellt werden. Mittlerweile können sogar Jeans aus den Fasern hergestellt werden, die sogar noch mehr Reibung aushalten als konventionelles Denim. Der Stoff ist sehr robust und wirkt auf der Haut im Sommer kühlend und im Winter wärmend.

Fazit

Während meiner Recherche ist mir aufgefallen, wie umfangreich die Nutzung von Hanf sein kann. Die vielfältig einsetzbare Pflanze ist nicht nur biologisch vollständig abbaubar, sondern auch in vielen anderen Aspekten umweltfreundlich. Der Anbau von Nutzhanf in Deutschland könnte einen Meilenstein in der Textilindustrie setzen und weitere Möglichkeiten in der nachhaltigen Textilproduktion eröffnen.

Quellen: