Regenerative Zellulosefasern als Alternative zu konventionellen Stoffen?

Ein Artikel von Theresa

Aus Holz werden Zellulosefasern

Bei den vielen unterschiedlichen Informationen ist es nicht ganz leicht den Überblick zu behalten, was die Stoffe aus der Fair Fashion-Branche angeht. In diesem Artikel erfährst du, was regenerative Zellulosefasern eigentlich sind und ob sie eine Alternative zu konventionellen Stoffen sein könnten.

Konventionelle Stoffe

Baumwolle:

Aus dieser Pflanze können die verschiedensten Kleidungsstücke entstehen

Weltweit ist etwa die Hälfte aller Kleidungsstücke aus Baumwolle. Für die Produktion wird extrem viel Wasser verbraucht, für nur ein T-Shirt ca. 2.000-20.000 Liter:

– beim Anbau der Pflanze

– bei der Weiterverarbeitung (Färben, Bleichen und Waschen)

Durch den konventionellen Anbau von Monokulturen sind die Pflanzen sehr anfällig für Schädlinge, weshalb meist Chemikalien eingesetzt werden müssen. Besonders für die Feldarbeiter:innen in ärmeren Ländern ist das sehr gefährlich. Häufig fehlt die nötige Schutzkleidung und so atmen sie während der Ernte potenziell gesundheitsgefährdende Gifte ein. Auch die Natur wird dadurch geschädigt: Die Gifte können in Böden und Gewässer gelangen und durch Winde und Wasserströmungen in weiter entfernte Gebiete getragen werden.

Auch der Kohlenstoffdioxid-Verbrauch ist ziemlich hoch, so werden bis zum Kauf einer Jeans durch die Herstellung von Pestiziden und künstlichen Düngern und Transport zum Beispiel knapp 30 Kilogramm CO2-Emissionen ausgestoßen, das entspricht in etwa einer Autofahrt von 210 Kilometern.

Beim Anbau von Bio-Baumwolle hingegen werden keinerlei chemische Pflanzenschutzmittel verwendet. Stattdessen werden häufig Mischkulturen angebaut, um die Wahrscheinlichkeit eines Schädlingsbefalls zu verringern. Dadurch kann auch das gesundheitliche Risiko für die Arbeiter:innen deutlich reduziert werden. Außerdem kann sich langfristig mehr Humus bilden und der Boden dadurch besser Wasser speichern, wodurch auch insgesamt weniger Wasser verbraucht wird. Der weltweite Anteil von angebauter Bio-Baumwolle liegt übrigens bei lediglich knapp 1%.

Polyester:

Neben der natürlichen Baumwolle werden auch Kunstfasern zu Kleidung verarbeitet. Polyester ist mit einem 60%-Anteil die meist verarbeitete Kunstfaser. Polyester wird aus Erdöl hergestellt, ist also aus einem nicht-erneuerbaren Rohstoff.

Nachteile der Herstellung sind:

– energieintensiv

– verbraucht viel Wasser

– dabei entstehende giftige Stoffe können in Gewässer oder ins Grundwasser gelangen und das ganze Ökosystem schädigen

Und dann ist da noch das Problem mit dem Mikroplastik: Beim Waschen von Polyesterkleidung können winzige Mikroplastikteilchen über das Abwasser in die Umwelt gelangen. Da diese nicht biologisch abbaubar sind, stellen sie eine enorme Belastung für alle Tiere und die Pflanzenwelt dar. Uns persönlich betrifft es ebenfalls, da auch im Leitungswasser und Salz schon Spuren von Mikroplastik nachgewiesen wurden. Die WHO erklärt, momentan bestehe keine Gefahr durch Mikroplastik in unserem Trinkwasser, jedoch wurden die Langzeitfolgen für unseren Körper noch nicht umfassend erforscht.

Auch nachhaltige Mode kann ästhetisch sein

Recyceltes Polyester besitzt nahezu dieselben Eigenschaften, jedoch gibt es hier Vorteile, was die Ökobilanz angeht: Beim Recycling muss weniger Erdöl verwendet werden; bei der Faserherstellung kann zudem bis zu 45% an Energie gespart werden (verglichen mit nicht recyceltem Polyester). Auch der Verbrauch von Wasser (bis zu 20% weniger) und die CO2-Emissionen (etwa 30% weniger) sind beim recyceltem Polyester geringer. Das Problem mit dem Mikroplastik bleibt jedoch.

Regenerative Zellulosefasern

Neben den altbekannten Materialien Baumwolle und Polyester gibt es aber auch weniger bekannte Stoffe, beispielsweise regenerative Zellulosefasern.

Doch was genau sind eigentlich Zellulosefasern?

Zellulosefasern werden, vereinfacht gesagt, aus den Zellwänden von Pflanzen gewonnen. Für die Faserproduktion wird deutlich weniger Wasser verbraucht als bei den bereits genannten Verfahren und im Vergleich zu Polyester-Kleidung ist sie deutlich atmungsaktiver, weshalb sie bei Sportbekleidung bereits viel eingesetzt wird.

Beispielsweise bei:

bergzeit 

– HOOFMENT

– TENCEL

Regenerative Zellulosefasern (Regenerantfasern) gehören zu den Chemiefasern. Sie werden durch einen künstlichen, chemischen Prozess hergestellt. Der Ausgangsstoff jedoch kommt aus natürlich vorkommenden, nachwachsenden Rohstoffen, wie Holz, Sojabohnen, Pflanzenabfällen aus der Landwirtschaft, Kuhdung oder Abfällen aus der Getränkeproduktion (Bier, Wein, Zitrusfrüchte). Allerdings stammt schätzungsweise die Hälfte des Holzes aus alten und gefährdeten Wäldern. Auch Monoplantagen, z.B. Eukalyptusanbau, können sehr schädlich für den Lebensraum von Mensch und Tier sein und in Konkurrenz zu Ackerflächen für den Nahrungsmittelanbau stehen. Diesem Problem kann man entgehen: Beim Kauf von Fair Fashion-Mode stammt das Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, z.B. von der Firma Lenzing, oder landwirtschaftlichen Abfallprodukten.

Der Anteil von Chemiefasern an der Weltproduktionsmenge von Textilfasern liegt bei ca. 70%, davon sind etwa 10% Zellulosefasern.

Die Firma Lenzing AG aus Österreich ist im Fair Fashion-Bereich Hauptproduzent, um aus Holz biologisch abbaubare Fasern zu erzeugen und spezialisiert auf die Faserzellstoffe Viscose, Modal und Lyocell.

Viscose:

Die Viscosefasern entstehen durch ein mehrstufiges chemisches Verfahren.

Dabei entsteht eine viskose, also zähflüssige Masse. In weiteren Prozessschritten wird diese weiter veredelt und schließlich durch feine Düsen in ein sogenanntes Spinnbad gepresst. In der Weiterverarbeitung wird die Masse dann geschnitten, gewaschen und getrocknet. Übrigens entsteht als Nebenprodukt bei der Viscosefaser-Herstellung Natriumsulfat. Es kann im Prozess herausgelöst und für die Waschmittel- und Glasindustrie oder in der Lebensmittelbranche eingesetzt werden.

Modal und Lyocell:

Die Modalfasern werden in einem ähnlichen Prozess hergestellt wie die Viscose. Bei der Herstellung und im Spinnprozess werden diese jedoch fester als die Viscosefasern. So sind die Textilien sehr stabil und es können besonders feine Garne daraus hergestellt werden.

 Das Lyocell-Produktionsverfahren ist das modernste für die Herstellung von Fasern aus Holz. Es wird erst seit knapp 30 Jahren erfolgreich angewendet und bietet einige Vorteile.

Die Firma Lenzing verwendet für das Verfahren N-Methylmorpholin-N-oxid (NMMO), ein organisches Lösungsmittel, das den Zellstoff löst. Verglichen mit dem Viscose-Herstellungsprozess ist es eine eher einfache Herstellung. Dieses Verfahren ermöglicht einen geschlossenen Kreislauf, in dem über 99% des Lösungsmittels zurückgewonnen und dem Produktionsprozess wieder zugeführt werden können. Dank ständiger Weiterentwicklung konnte die Firma Lenzing den Energieverbrauch des Lyocell-Produktionsverfahren zusätzlich reduzieren.

Hier kannst du dir die Entstehung der Zellulosefasern von der Firma Lenzing noch als Video ansehen.

Übrigens gibt es neben Lenzing noch weitere Firmen, die auch Textilien aus Zellulosefasern herstellen, zum Beispiel:

LUMA

IROONY

– Spinnova

– ORANGE FIBER

„Kauft weniger, sucht es sorgfältig aus, lasst es beständig sein.”

– Vivienne Westwood

Die Faserherstellung der konventionellen Textilindustrie bringt also einige Probleme mit sich, wie der Chemikalieneinsatz oder hohe Wasserverbrauch. Die genannten Unternehmen hingegen gehen mit gutem Beispiel voran, indem sie auf Fair Fashion, langlebige Materialien und mehr Zukunftsorientierung setzten!

Aus Holzfasern werden Kleidungsstücke

Die regenerativen Zellulosefasern sind also eine neue, weitere Möglichkeit der Textilfaser-Herstellung. Diese Innovationen und Technologien im Fair Fashion-Sektor können zur Schonung der Umwelt beitragen und zeigen zum anderen neue Wege auf, um Alternativen zu traditionellen Stoffen zu entwickeln.

Durch die mittlerweile große Auswahl an Textilstoffen haben wir als Käuferinnen selbst die Möglichkeit auszuwählen und uns zu entscheiden. Statt unreflektiert weiter zu konsumieren, können wir unsere eigenen Gewohnheiten reflektieren, und mit unserem Kaut Alternativen unterstützen.

Dabei ist die vermutlich schnellste und einfachste Möglichkeit, sich einen Überblick über die Textilien zu verschaffen, einfach mal in das eingenähte Etikett zu schauen. So siehst du gleich, aus welchen Materialien das Kleidungsstück hergestellt worden ist, vielleicht ja auch aus Zellulosefasern.

Schau doch mal nach, aus welchen Materialien deine Kleidung besteht. Hat dich das Ergebnis überrascht? Teile es gerne auf Instagram in den Kommentaren, um dich mit anderen auszutauschen.

 

Quellen:

ORANGE FIBER:

https://orangefiber.it/process/ (letzter Aufruf 15.12.2022)

Spinnova:

https://spinnovagroup.com/ (letzter Aufruf 15.12.22)

IROONY:

https://www.iroony.net/ (letzter Aufruf 15.12.2022)

LUMA:

https://www.luma-textiles.de/post/regeneratfaser (letzter Aufruf 15.12.2022)

Chemiefasern:

https://www.hessnatur.com/magazin/textillexikon/chemiefasern/ (letzter Aufruf 22.11.2022)

Regenerative Zellulosefasern:

http://treehuggingrealist.com/2019/06/15/lets-talk-about-textiles-regenerative-cellulosefasern-aka-viskose-bambusmodal-und-was-ihr-noch-so-kennt/ (letzter Aufruf 19.11.2022)

https://www.ecodesign-beispiele.at/w166-naturfaser-aus-zellulose.html (letzter Aufruf 30.11.2022)

Lenzing AG:

https://www.lenzing.com/de/ (letzter Aufruf 15.12.2022)

https://www.lenzing.com/de/nachhaltigkeit/produktion/technologien (letzter Aufruf 22.11.2022)

https://www.lenzing.com/?type=88245&tx_filedownloads_file%5bfileName%5d=fileadmin/content/PDF/04_Nachhaltigkeit/Broschueren/EN/focus-paper-responsible-production-EN.pdf (letzter Aufruf 22.11.2022)

Baumwolle:

https://www.epiz.de/de/lernkisten/details/14-parcours-verantwortungsbewusste-textilproduktion/ (letzter Aufruf 22.11.2022)

https://www.epiz.de/files/inhalt-epiz/medienservice/Medienkoffer/ME%20Ko%2014%20Lernparcours%20Verantwortungsbewusste%20Textilproduktion/EPIZ-T-Shirts-Rx3_Logo_Mit%20T-shirt.pdf (letzter Aufruf 22.11.2022)

Polyester:

https://www.bader.ch/polyester (letzter Aufruf 22.11.2022)

https://utopia.de/ratgeber/polyester-weshalb-der-kunststoff-problematisch-ist/ (letzter Aufruf 23.11.2022)

https://eu.tencatefabrics.com/de/blog/vor-und-nachteile-von-recyceltem-polyester-in-berufsbekleidungsfasern/ letzter Aufruf 11.01.2023)

Mikroplastik:

https://www.quarks.de/umwelt/muell/fakten-zu-mikroplastik/ (letzter Aufruf 01.12.2022)

Nachhaltigkeit (Bio Baumwolle, Recycling Polyester, Lyocell):

https://bellevue.nzz.ch/mode-beauty/so-nachhaltig-ist-recyceltes-polyester-bio-baumwolle-und-lyocell-ld.1502111 (letzter Aufruf 22.11.2022)

Zitat:

https://nachhaltig4future.de/kauft-weniger-sucht-es-sorgfaeltig-aus-lasst-es-bestaendig-sein-vivienne-westwood/ (Letzter Aufruf 01.12.2022)

Video:

https://www.youtube.com/watch?v=sJnoVM-Jlmg&feature=youtu.be (Letzter Aufruf 01.12.2022)

Bilder:

https://www.pexels.com/de-de/foto/textur-tisch-krawatte-verwischen-6850546/

(Teona Swift, letzter Aufruf 23.11.2022)

https://www.pexels.com/de-de/foto/licht-blau-trocken-textur-6850552/ (Teona Swift, letzter Aufruf 23.11.2022)

https://unsplash.com/photos/mwa_nzFpnJw (Thom Bradley, letzter Aufruf 30.11.2022)

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https://www.lenzing.com/de/?type=88245&tx_filedownloads_file%5bfileName%5d=fileadmin/content/PDF/04_Nachhaltigkeit/Broschueren/EN/focus-paper-responsible-production-EN.pdf (aus dem „focus paper“ „Responsible production Issue April 2022“ von Lenzing, letzter Aufruf 11.01.2023)